Gemeinsames Rundschreiben vom 01.12.2021 zu den leistungsrechtlichen Vorschriften - Stand: 01.12.2021

Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson / § 39 SGB XI

1. Allgemeines

(1) Ist eine Pflegeperson an der Pflege gehindert, hat ein Pflegebedürftiger ab dem Pflegegrad 2 für die Dauer von bis zu sechs Wochen (42 Kalendertage) je Kalenderjahr Anspruch auf Verhinderungspflege.

An der Pflege gehinderte Pflegepersonen sind Angehörige, der Lebenspartner, Nachbarn, Bekannte oder sonstige Personen, die einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen (i. S. des § 19 SGB XI). Pflegekräfte einer zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung nach § 72 SGB XI und Pflegekräfte mit denen die Pflegekasse einen Einzelvertrag nach § 77 SGB XI geschlossen hat sowie Betreiber und Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen, sind keine an der Pflege gehinderte Pflegepersonen i. S. des § 39 SGB XI.

Für die Verhinderungspflege kann die Pflegekasse im Einzelfall bis zu 1.612,00 EUR im Kalenderjahr übernehmen; die Zahlung bezieht sich dabei auf das Kalenderjahr und nicht auf die Pflegeperson(en). Ergänzend kann der Leistungsbetrag um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden (vgl. Ziffer 2.7). Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen sichergestellt, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, gilt dies nur insoweit, als im Zusammenhang mit der Verhinderungspflege weitere notwendige Aufwendungen nachgewiesen werden (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI). Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen durchgeführt, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, sind die Aufwendungen der Pflegekasse grundsätzlich auf die Höhe des 1,5-fachen in dem jeweiligen Pflegegrad festgelegten Pflegegeldbetrages nach § 37 Abs. 1 SGB XI für bis zu sechs Wochen (42 Tage) beschränkt.

Eine Begrenzung des Leistungsanspruchs entsprechend der Kürzungsvorschrift des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XI (vgl. Ziffer 2.2.1 zu § 37 SGB XI) auf einen Tagessatz von 1/42 für die tatsächlichen Tage, an denen die Verhinderungspflege durchgeführt wurde, erfolgt nicht (Urteil des BSG vom 12.07.2012; Az.: B 3 P 6/11 R). Inwieweit die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen angemessen ist, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Dabei sind die konkreten und persönlichen Verhältnisse des Pflegebedürftigen und der Ersatzpflegeperson zu berücksichtigen, wie z. B. der Umfang und Inhalt der pflegebedingten Aufwendungen, Art und Schwere der Beeinträchtigungen des Pflegebedürftigen, Wohnortentfernung der Ersatzpflegeperson, (zeitlicher) Organsiationsaufwand der Ersatzpflegeperson (insbeson- dere bei kurzfristig erforderlicher Verhinderungspflege).

Insgesamt ist der Anspruch auf Verhinderungspflege in zweifacher Hinsicht – von der Dauer her und auf einen Höchstbetrag – begrenzt. Für die Leistungsgewährung der Verhinderungspflege hat der Pflegebedürftige die entstandenen Kosten nachzuweisen (z. B. über Quittung, Rechnung, Kontoauszug).

Sofern die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI hinsichtlich der Dauer ausgeschöpft sind, kann ein eventuell noch verbleibender Leistungsbetrag bis maximal 806,00 EUR ebenfalls für die Verhinderungspflege verwendet werden.

(3) Im Rahmen der Verhinderungspflege ist zwischen einer nicht erwerbsmäßigen und einer erwerbsmäßigen Verhinderungspflege zu unterscheiden. So kann die Verhinderungspflege zum einen durch eine private, nicht erwerbsmäßig pflegende Person (z. B. Angehörige, Lebenspartner, Nachbarn, Bekannte) und zum anderen durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung nach § 72 SGB XI (z. B. ambulante Pflegedienste, Familienentlastende Dienste) sowie andere nicht zugelassene Dienste, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit die Verhinderungspflege durchführen (z. B. Dorfhelfer-/innen, Betriebshilfsdienste), erbracht werden.

(4) Bei Empfängern von Pflegegeld besteht neben dem Ansruch auf Verhinderungspflege zusätzlich ein Anspruch auf Fortzahlung des Pflegegeldes in Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes für bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr. Abweichend davon wird für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt (vgl. Ziffer 2.2.3 zu § 37 SGB XI).

(5) Bei stundenweiser Leistungserbringung ist auch eine Inanspruchnahme von Verhinderungspflege möglich. Ist in diesen Fällen die Pflegeperson weniger als 8 Stunden am Tag verhindert, so erfolgt ausschließlich eine Anrechnung auf den Höchstbetrag von 1.612,00 EUR, nicht aber auf die Höchstdauer von 42 Tagen. Entscheidend für die Anrechnung auf die Höchstdauer ist der tatsächliche Verhinderungszeitraum der Pflegeperson und nicht die Dauer der Inanspruchnahme der Ersatzpflegeperson (oder des Pflegedienstes, des familienentlastenden Dienstes etc.). Ist die Pflegeperson beispielsweise an 8 Stunden verhindert und wird die Verhinderungspflege nur an zwei Stunden in Anspruch genommen, erfolgt sowohl eine Anrechnung auf den Höchstbetrag als auch eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen.

Bei einer stundenweisen Verhinderung der Pflegeperson von weniger als 8 Stunden besteht wie bisher ein Anspruch auf das volle Pflegegeld. Erfolgt eine stundenweise Leistungserbringung durch eine nicht erwerbsmäßig pflegende Person, sollte eine entsprechende Beratung durch die Pflegekasse erfolgen. Wird die stundenweise Verhinderungspflege durch nicht erwerbsmäßig pflegende Ersatzpflegepersonen erbracht, die nicht mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind, wie beispielsweise Nachbarn, besteht der Anspruch der Verhinderungspflege in Höhe des Leistungsbetrags nach § 39 Abs. 1 SGB XI. Wird die Ersatzpflege hingegen durch Ersatzpflegepersonen erbracht, die mit dem Pflegebedürftigen gemeinsam im Haushalt leben oder mit ihm bis zum 2. Grade verwandt oder verschwägert sind, ist der Anspruch auf Verhinderungspflege nach § 39 Abs. 3 Satz 1 SGB XI auf die Höhe des Pflegegeldes begrenzt (vgl. auch Ziffer 2.2). Da es bei einer stundenweisen Verhinderung zu keiner Kürzung des Pflegegeldes kommt, kann es für den Pflegebedürftigen günstiger sein, keine Verhinderungspflege zu beantragen, da der Anspruch auf Verhinderungspflege sowieso auf die Höhe des Pflegegeldes begrenzt ist und bei einem Verzicht auf Beantragung der Verhinderungspflege der Gesamtanspruch in Höhe von 1.612,00 EUR durch die stundenweise Verhinderung der Pflegeperson nicht geschmälert wird.

Beispiel 1

Die Pflegeperson eines Pflegebedürftigen des Pflegegrades 2 ist vom 04.04. bis 09.04. (6 Kalendertage) in der Zeit von 08.00 Uhr bis 17.00 Uhr (9 Stunden) verhindert. Die Verhinderungspflege wird von der nicht mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter in der Zeit von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr (7 Stunden) erbracht. Es werden Kosten in Höhe von 120,00 EUR nachgewiesen.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege = 120,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 04.04. und 09.04.
volles Pflegegeld (316,00 EUR x 2 : 30) = 21,07 EUR
vom 05.04. bis 08.04.
hälftiges Pflegegeld (158,00 EUR x 4 : 30) = 21,07 EUR

Ergebnis:

Da es sich bei der Tochter um eine Verwandte bis zum zweiten Grade handelt, ist eine Kostenübernahme bis zur Höhe des 1,5-fachen Betrags des Pflegegeldes (474,00 EUR) möglich. Da dieser Betrag nicht überschritten wird, können die nachgewiesenen Kosten in Höhe von 120,00 EUR übernommen werden.

Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege in Höhe von 1.492,00 EUR (1.612,00 EUR – 120,00 EUR). Da die Pflegeperson täglich 9 Stunden verhindert ist, erfolgt ebenfalls eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen, so dass noch ein Restanspruch von 36 Kalendertagen besteht.

Aufgrund der Verhinderung der Pflegeperson von mehr als 8 Stunden wird für vier Tage (05.04. bis 08.04.) das Pflegegeld in Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes fort- gezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege wird das volle Pflegegeld gezahlt.



Beispiel 2

Die Pflegeperson eines Pflegebedürftigen des Pflegerades 3 ist erstmalig vom 09.06. bis 10.06. (2 Kalendertage) in der Zeit von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr (8 Stunden) verhindert. Es werden Kosten in Höhe von 200,00 EUR geltend gemacht. Vom 16.06. bis 20.06. (5 Kalendertage) ist die Pflegeperson erneut verhindert. Dieses Mal in der Zeit von 09.00 Uhr bis 15.00 Uhr (6 Stunden). Hierfür werden Kosten in Höhe von 500,00 EUR nachgewiesen. Die Verhinderungspflege wird jeweils von der nicht mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter jeweils in der Zeit von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr erbracht.

Verhinderungszeitraum vom 09.06. bis 10.06.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege = 200,00 EUR

Berechnung des Pflegegeldanspruches:
vom 09.06. bis 10.06.
volles Pflegegeld (545,00 EUR x 2 : 30) = 36,33 EUR

Verhinderungszeitraum vom 16.06. bis 20.06.
Kostenübernahme für die Verhinderungspflege = 500,00 EUR

Berechnung des Pflegegeldanspruches:
vom 16.06. bis 20.06.
volles Pflegegeld (545,00 EUR x 5 : 30) = 90,83 EUR

Ergebnis:

Da es sich bei der Tochter um eine Verwandte bis zum zweiten Grade handelt, ist eine Kostenübernahme bis zur Höhe des 1,5-fachen Betrags des Pflegegeldes (817,50 EUR) möglich. Da dieser Betrag nicht überschritten wird, können die nachgewiesenen Kosten in Höhe von 700,00 EUR (200,00 EUR + 500,00 EUR) erstattet werden. Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege in Höhe von 912,00 EUR (1.612,00 EUR – 700,00 EUR). Da die Pflegeperson in dem Verhinderungszeitraum vom 09.06. bis 10.06. täglich an 8 Stunden verhindert ist, erfolgt eine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen, so dass noch ein Restanspruch auf 40 Kalendertage besteht. Das Pflegegeld wird für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege in voller Höhe gezahlt (Verhinderungszeitraum 09.06. bis 10.06.).

Eine Anrechnung der Verhinderungstage vom 16.06. bis 20.06. auf die Höchstanspruchsdauer erfolgt nicht, da die Pflegeperson täglich nur 6 Stunden verhindert ist. Aus diesem Grund wird das Pflegegeld in voller Höhe weitergezahlt.

Sofern der Leistungsanspruch der Verhinderungspflege im laufenden Kalenderjahr der Dauer, nicht aber der Höhe nach bereits ausgeschöpft wurde, kann der nicht verbrauchte Leistungsbetrag der Verhinderungspflege für die stundenweise Verhinderungspflege von weniger als acht Stunden täglich in Anspruch genommen werden.

Die Kosten der Verhinderungspflege können bis zum Höchstbetrag von 1.612,00 EUR ohne anteilige Kürzung zusätzlich zur (ungekürzten) Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI erstattet werden. Dies kann im Einzelfall – bei einem Pflegebedürftigen des Pflegegrades 5 – dazu führen, dass in einem Monat bis zu 3.707,00 EUR von der Pflegekasse übernommen werden. Somit ist die üblicherweise anfallende Sachleistung auch im Falle der Verhinderung der Pflegeperson weiterhin als Sachleistung nach § 36 SGB XI abzurechnen.

(2) Auf die Dauer des Leistungsanspruchs nach § 39 SGB XI wird die Zeit einer Leistungsgewährung nach § 42 SGB XI nicht angerechnet.

Beispiel 3

Urlaub der Pflegeperson vom 01.03. bis 11.04. (42 Kalendertage) = Kostenübernahme für Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI.

Erkrankung der Pflegeperson vom 01.05. bis 28.05. (28 Kalendertage) = Gewährung von Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI.

(3) Der Anspruch auf Ersatzpflege entsteht mit jedem Kalenderjahr neu. Hieraus folgt, dass ein

  • am 31.12. eines Jahres bestehender oder an diesem Tag endender,
  • vor dem 31.12. eines Jahres abgelaufener

Leistungsanspruch nach § 39 SGB XI – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – ab 01.01. des Folgejahres für sechs Wochen weiter besteht oder wiederauflebt. Bezüglich der Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes vgl. Ziffer 2.2.3 zu § 37 SGB XI.

2. Anspruchsvoraussetzungen

(1) Voraussetzung für die Leistung nach § 39 SGB XI ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat und zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege der Pflegebedürftige mindestens dem Pflegegrad 2 zugeordnet ist. Der Pflegegrad 2 muss nicht bereits während der sechsmonatigen Vorpflegezeit vorgelegen haben. Es ist nicht erforderlich, dass dieselbe Pflegeperson den Pflegebedürftigen sechs Monate gepflegt haben muss. Die Gesetzesmaterialien geben hierzu keine Hinweise. Diese Regelung wird dahingehend ausgelegt, dass die Wartezeit von sechs Monaten auch erfüllt ist, wenn sich mehrere Personen die Pflege zeitlich geteilt haben. Die Pflege muss nicht ununterbrochen ausgeführt worden sein. Unterbrechungstatbestände, die den Voraussetzungen des § 39 SGB XI entsprechen und nicht länger als vier Wochen dauern, sind für die Erfüllung der Wartezeit unschädlich. Hat die Unterbrechung länger als vier Wochen gedauert, so verlängert sich die Frist um den Zeitraum der Hemmung. Nicht erforderlich ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor jeder neuen Unterbrechung der Pflegetätigkeit wiederum sechs Monate gepflegt haben muss.

(2) Anspruchsvoraussetzung ist nicht, dass die Leistung im Voraus beantragt wird.

2.1 Verhinderungspflege außerhalb der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen

Da die Ruhensvorschrift nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI hier ausdrücklich nicht gilt, ist die Erbringung dieser Leistung nicht auf die Verhinderungspflege im Haushalt des Pflegebedürftigen beschränkt. Es gilt vielmehr ein erweiterter Häuslichkeitsbegriff. Die Verhinderungspflege kann daher insbesondere in

  • einem Wohnheim für behinderte Menschen,
  • einem Internat,
  • einer Krankenwohnung,
  • einem Kindergarten,
  • einer Schule,
  • einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung,
  • einem Krankenhaus oder
  • einer Pflegeeinrichtung (unabhängig von einer Zulassung nach § 72 SGB XI)

durchgeführt werden. Dient der Krankenhausaufenthalt des Pflegebedürftigen allein der vollstationären Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V, besteht für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Verhinderungspflege. Bei der Kostenübernahme für die zuvor genannten oder vergleichbaren Einrichtungen ist jedoch darauf zu achten, dass nur die pflegebedingten Aufwendungen berücksichtigt werden können. Investitionskosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung oder für Zusatzleistungen sowie die Behandlungspflege und Betreuung dürfen hier jedoch nicht übernommen werden. Falls in diesem Zusammenhang lediglich eine Gesamtsumme oder ein Tagessatz – ohne weitere Spezifizierung – in Rechnung gestellt wird, sollte ein Prozentsatz in Höhe von mindestens 20 v. H. von der Summe des Rechnungsbetrages für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten, medizinische Behandlungspflege und Betreuung in Abzug gebracht werden. Soweit mit Einrichtungen auf der Grundlage des 8. Kapitels des SGB XI Vergütungsverhandlungen geführt wurden, und damit auch der pflegebedingte Anteil am Pflegesatz feststeht, ist dieser entsprechend zu berücksichtigen. Soweit entsprechende Pflegesatzvereinbarungen bzw. Vergütungsregelungen von derartigen Einrichtungen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind, kann der pflegebedingte Anteil ebenfalls ermittelt und für die Leistungsgewährung herangezogen werden.

Beispiel

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 2 wird vom 11.04. bis 03.05. (23 Kalendertage) in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht.

Rechnungsbetrag der Rehabilitationseinrichtung
für 23 Tage Verhinderungspflege

1.530,00 EUR

Abzug für Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten
medizinische Behandlungspflege, Betreuung in
Höhe von 20 v. H. des Rechnungsbetrages

306,00 EUR

Erstattungsbetrag für Verhinderungspflege

1.224,00 EUR

 

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 11.04. und 03.05.
volles Pflegegeld (316,00 EUR x 2: 30) = 21,07 EUR

vom 12.04. bis 02.05.
hälftiges Pflegegeld (158,00 EUR x 21 : 30) = 110,60 EUR

Im laufenden Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 19 Kalendertage bzw. in Höhe von 388,00 EUR (1.612,00 EUR – 1.224,00 EUR).

Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt besteht auch ein Anspruch auf Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson nach§ 39 SGB XI. Dies gilt unabhängig davon, ob die Ersatzpflegeperson aus Deutschland heraus mitreist oder sich vor Ort befindet (z. B. in Spanien lebende Großeltern) und ob sie mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt. Die Leistungen nach § 39 SGB XI können somit auch von professionellen Pflegekräften bei vorübergehenden Auslandsaufenthalt erbracht werden (Urteil des BSG vom 20.04.2016, Az.: B 3 P 4/14 R). Dies gilt weltweit (vgl. Ziffer 1 zu § 34 SGB XI). Auch in diesen Fällen kann der Leistungsbetrag nach § 39 Abs. 2 SGB XI um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden.

2.1.1 Verhinderungspflege bei Gewährung von Leistungen nach § 43a SGB XI

Ist bei Pflegebedürftigen, die sich während der Woche und an Wochenenden oder in den Ferienzeiten im häuslichen Bereich befinden und die Leistungen nach § 43a SGB XI und der häuslichen Pflege (§§ 36, 37SGB XI ) erhalten, im häuslichen Bereich die Pflege (z. B. an den Wochenenden oder in Ferienzeiten) nicht sichergestellt, können die Leistungen nach § 39 SGB XI zur Verfügung gestellt werden. Eine Anrechnung auf die Leistungen nach § 43a SGB XI ist nicht vorzunehmen. Hat der Pflegebedürftige vor der Verhinderungspflege Pflegegeld bezogen, besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes von bis zu sechs Wochen. Sofern für den Pflegebedürftigen in dieser Zeit, in der keine Pflege im häuslichen Bereich durchgeführt werden kann, die Unterbringung in derselben Einrichtung i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI oder Räumlichkeit i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI sichergestellt wird, kann eine Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI nicht erfolgen. Die dadurch entstehen-den Aufwendungen sind mit § 43a SGB XI abgegolten.


2.2 Verhinderungspflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben

(1) Wird die Verhinderungspflege in Form der häuslichen Pflege durch eine Pflegeperson durchgeführt, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann davon ausgegangen werden, dass die Verhinderungspflege nicht erwerbsmäßig ausgeübt wird; in diesen Fällen sind die Aufwendungen grundsätzlich auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades nach § 37 Abs. 1 SGB XI je Kalenderjahrbeschränkt. Im Rahmen der Ermittlung der Kostenübernahme für die Verhinderungspflege sind folgende Beträge zugrunde zu legen:

  • Pflegegrad 2: 474,00 EUR (316,00 EUR : 28 Tage x 42 Tage),
  • Pflegegrad 3: 817,50 EUR (545,00 EUR : 28 Tage x 42 Tage),
  • Pflegegrad 4: 1.092,00 EUR (728,00 EUR : 28 Tage x 42 Tage),
  • Pflegegrad 5: 1.351,50 EUR (901,00 EUR : 28 x 42 Tage).

Eine Begrenzung des Leistungsanspruchs entsprechend der Kürzungsvorschrift des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB XI (vgl. Ziffer 2.2.1 zu § 37 SGB XI) auf einen Tagessatz von 1/42 für die tatsächlichen Tage, an denen die Verhinderungspflege durchgeführt wurde, erfolgt nicht (Urteil des BSG vom 12.07.2012; Az.: B 3 P 6/11 R, vgl. auch Ziffer 1).

Unabhängig von der Beschränkung der Aufwendungen auf den Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades je Kalenderjahr, sind von dem Pflegebedürftigen die Kosten nachzuweisen (z. B. Quittung, Rechnung, Kontoauszug). Sind der Ersatzpflegeperson Aufwendun- gen für Fahrkosten oder Verdienstausfall entstanden, so kann in diesen besonders gelagerten Fällen eine Kostenerstattung bis zu 1.612,00 EUR erfolgen.

Eine Erhöhung des Leistungsbetrages um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI kann in Fällen der Übernahme nachgewiesener notwendiger Aufwendungen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI erfolgen.

(2) Ist die Ersatzpflegeperson selbständig tätig, ist für den Nachweis des Verdienstausfalles der Einkommenssteuerbescheid vom Vorjahr vorzulegen. Als Berechnungsgrundlage ist hierbei das aus diesem Steuerbescheid ersichtliche Netto zugrunde zu legen.

(3) Bei der Benutzung eines privaten Kraftfahrzeuges ist in Anlehnung an das Krankenversicherungsrecht (§ 60 Abs. 3 Nr. 4 SGB V) pro gefahrenen Kilometer jeweils der nach dem Bundesreisekostengesetz (§ 5 Abs. 1 BRKG) festgesetzte Betrag für die Wegstreckenentschädigung (0,20 EUR) zu erstatten. Eine Begrenzung auf den Höchstbetrag von zurzeit 130,00 EUR bzw. 150,00 EUR erfolgt nicht.

(4) Verwandte (§ 1589 BGB) des Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade sind Eltern, Kinder (einschließlich der für ehelich erklärten und angenommenen Kinder), Großeltern, Enkelkinder und Geschwister.

Verschwägerte (§ 1590 BGB) des Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade sind Stiefeltern, Stiefkinder, Stiefenkelkinder (Enkelkinder des Ehegatten), Schwiegereltern, Schwiegerkinder (Schwiegersohn/Schwiegertochter), Schwiegerenkel (Ehegatten der Enkelkinder), Großeltern der Ehegatten, Stiefgroßeltern, Schwager/Schwägerin.

Beispiel 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3 wird von seiner nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter vom 03.01. bis 13.02. (42 Kalendertage) durchgeführt. Von der Tochter werden neben den pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 800,00 EUR Fahrkosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 90,00 EUR nachgewiesen.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege

= 800,00 EUR

plus Fahrkosten

= 90,00 EUR

Gesamt

= 890,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:

für den 03.01. und 13.02.
volles Pflegegeld (545,00 EUR x 2 : 30) = 36,33 EUR

vom 04.01. bis 12.02.
hälftiges Pflegegeld (272,50 EUR x 40 : 30) = 363,33 EUR

Ergebnis:

Da es sich bei der Tochter um eine Verwandte bis zum zweiten Grade handelt, ist der Erstattungsbetrag auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes (817,50 EUR) begrenzt. Die nachgewiesenen Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen können in Höhe von 800,00 EUR zuzüglich Fahrkosten in Höhe von 90,00 EUR erstattet werden.

Der Anspruch auf Verhinderungspflege ist aus zeitlichen Gründen für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft. Dies gilt gleichermaßen für den Anspruch auf Weiterzahlung des hälftigen Pflegegeldes. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 03.01. und 13.02. wird volles Pflegegeld in Höhe von 36,33 EUR (545,00 EUR x 2 : 30) gezahlt. Für den Zeitraum vom 04.01. bis 12.02. besteht ein Anspruch auf hälftiges Pflegegeld in Höhe von 363,33 EUR (50 v. H. von 545,00 EUR = 272,50 EUR x 40 : 30).

Der nicht verwendete Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 722,00 EUR kann im laufenden Kalenderjahr für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden.

 

Beispiel 2

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 4 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Sohn vom 20.04. bis 10.05. (21 Kalender- tage) durchgeführt. Von der Pflegeperson werden pflegebedingte Aufwendungen in Höhe von 650,00 EUR, ein Verdienstausfall in Höhe von 1.445,00 EUR und Fahrkosten in Höhe von 84,00 EUR (20 km x 0,20 EUR = 4,00 EUR x 21 Tage) nachgewiesen. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege = 650,00 EUR
plus Fahrkosten = 84,00 EUR
plus Verdienstausfall = 1.445,00 EUR
Gesamt = 2.179,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 20.04. und 10.05.
volles Pflegegeld (728,00 EUR x 2 : 30) = 48,53 EUR

vom 21.04. bis 09.05.
hälftiges Pflegegeld (364,00 EUR x 19 : 30) = 230,53 EUR

Ergebnis:

Der Höchstbetrag von 1.612,00 EUR wird überschritten. Jedoch kann der Höchstbetrag durch nicht in Anspruch genommene Leistungen der Kurzzeitpflege um bis zu 806,00 EUR erhöht werden. Infolgedessen kann die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 650,00 EUR zuzüglich der Fahrkosten in Höhe von 84,00 EUR sowie den Verdienstausfall in Höhe von 1.445,00 EUR vollumfänglich erstatten. Für das laufende Kalenderjahr besteht für Leistungen der Kurzzeitpflege ein Restanspruch in Höhe von bis zu 1.045,00 EUR. Im Fall einer erneuten Verhinderungspflege besteht ein Leistungsanspruch in Höhe von 239,00 EUR aus nicht verwendeten Mitteln der Kurzzeitpflege für bis zu 21 Tage.

 

Beispiel 3

Teil 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 2wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Schwester vom 18.04. bis 28.04. (11 Kalendertage) durchgeführt. Von der Schwester werden neben den pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 200,00 EUR Fahrkosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 50,00 EUR nachgewiesen.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege = 200,00 EUR
plus Fahrkosten = 50,00 EUR
Erstattungsbetrag = 250,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 18.04. und 28.04.
volles Pflegegeld (316,00 EUR x 2 : 30) = 21,07 EUR

vom 19.04. bis 27.04.
hälftiges Pflegegeld (158,00 EUR x 9 : 30) = 47,40 EUR

Da es sich bei der Schwester um eine Verwandte bis zum zweiten Grade handelt, ist der Erstattungsbetrag auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes (474,00 EUR) begrenzt. Die nachgewiesenen pflegebedingten Aufwendungen können in Höhe von 200,00 EUR zuzüglich Fahrkosten in Höhe von 50,00 EUR erstattet werden.

Es besteht im laufenden Kalenderjahr noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 31 Kalendertage bzw. in Höhe von 1.362,00 EUR (1.612,00 EUR – 250,00 EUR).

Teil 2

Darüber hinaus wird die Verhinderungspflege für diesen Pflegebedürftigen in einem Wohnheim für behinderte Menschen vom 01.05. bis 31.05. (31 Kalendertage) erbracht. An pflegebedingten Aufwendungen werden 1.956,10 EUR (täglich 63,10 EUR) nachgewiesen. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege ist für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft.

Der Restanspruch auf Verhinderungspflege (1.362 EUR) wird bereits nach 22 Tagen ausgeschöpft (1.362,00 EUR : 63,10 EUR = 21,58 Tage, aufgerundet auf volle Tage). Für die Zeit vom 01.05. bis 23.05. können somit maximal 1.362,00 EUR erstattet werden.

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 01.05. und 23.05.
volles Pflegegeld ( 316,00 EUR x 2 : 30) = 21,07 EUR

vom 02.05. bis 22.05.
hälftiges Pflegegeld (158,00 EUR x 21 : 30) = 110,60 EUR

Für den letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 22.05. und der ab diesem Zeitpunkt weiterhin sichergestellten Pflege wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.

(5) Die Inanspruchnahme von Leistungen der Verhinderungspflege kann auch in Betracht kommen, wenn sich mehrere Pflegepersonen einer pflegebedürftigen Person gegenseitig vertreten. Dies gilt dann, wenn eine Pflegeperson in einem Zeitraum, in dem sie ansonsten üblicherweise die Pflege durchgeführt hätte, verhindert ist. In diesem Fall können die Mehraufwendungen erstattet werden, die durch die Vertretung der anderen Pflegeperson entstehen.

Beispiel 4

Eine pflegebedürftige Person des Pflegegrades 4 wird Montag bis Mittwoch von seinem Sohn und Donnerstag bis Sonntag durch seine Tochter gepflegt. Der Sohn macht einen Kurzurlaub und ist deshalb von Montag, den 20.09. bis Mittwoch, den 22.09 (3Tage) an der Pflege gehindert. Die Tochter übernimmt in dieser Zeit die Pflege. Sie nimmt für diese Tage unbezahlten Urlaub und hat einen Verdienstausfall von 300 EUR. Zusätzlich weist sie Fahr- kosten in Höhe von 30 EUR nach.

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege

Verdienstausfall = 300,00 EUR

Plus Fahrkosten = 30,00 EUR

Erstattungsbetrag = 330,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:

für den 20.09. und 22.09. volles Pflegegeld (728,00 EUR x 2 : 30) = 48,53 EUR

für den 21.09. hälftiges Pflegegeld (364,00 EUR x 1 : 30) = 12,13 EUR

Ergebnis:

Die Pflegekasse kann den Verdienstausfall in Höhe von 300,00 EUR und die Fahrkosten in Höhe von 30 EUR vollumfänglich erstatten. Für das laufende Kalenderjahr besteht noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 39 Kalendertage bzw. in Höhe von 1.282,00 EUR (1.612,00 EUR – 330,00 EUR).

2.3 Vorliegen von Erwerbsmäßigkeit bei einer Verhinderungspflege von mehr als sechs Wochen durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben

Eine Beschränkung der Kostenerstattung auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des festgestellten Pflegegrades nach § 37 Abs. 1 SGB XI bei Verhinderungspflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, erfolgt nicht, wenn im konkreten Einzelfall dargelegt wird, dass die Durchführung der Verhinderungspflege der Erzielung von Erwerbseinkommen dient. In diesem Fall besteht Anspruch auf den Höchstbetrag nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI. Darüber hinaus kann dieser Betrag um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden (vgl. Ziffer 2.7).

Nach den Gesetzesmaterialien kann eine Erwerbsmäßigkeit insbesondere dann angenommen werden, wenn die Verhinderungspflege länger als sechs Wochen (42 Tagen) dauert.

Beispiel 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 5 wird von dessen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Lebensgefährtin vom 01.03. bis 14.04. (45 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 1.575,00 EUR (täglich 35,00 EUR) gezahlt.

Ergebnis:

Die Pflege dauert länger als sechs Wochen, so dass Erwerbsmäßigkeit anzunehmen ist. Infolgedessen kommt eine Begrenzung der Aufwendungen für die allgemeinen Pflegeleistungen auf den Betrag des 1,5-fachen Pflegegeldes des Pflegegrades 5 (1.351,50 EUR) nicht in Betracht.

Kostenerstattung für die Verhinderungspflege in Höhe von 1.470,00 EUR (35,00 EUR x 42 Kalendertage). Der Pflegebedürftige hat darüber hinaus einen Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes vom 02.03. bis 10.04.. Für den 01.03. wird volles Pflegegeld gezahlt.

Mit dem letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 11.04. und der ab diesem Zeitpunkt weiterhin sichergestellten Pflege besteht Anspruch auf volles Pflegegeld nach § 37 SGB XI entsprechend des festgestellten Pflegegrades.

Der Anspruch auf Verhinderungspflege ist aus zeitlichen Gründen für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft. Dies gilt gleichermaßen für die Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes.

Erwerbsmäßigkeit ist allerdings dann nicht anzunehmen, wenn nur durch Kumulation mehrerer Verhinderungspflegen im laufenden Jahr (Zeitraum von 12 Monaten) der Zeitraum von sechs Wochen überschritten wird.

Allein die Zeitdauer der jeweils separat zu beurteilenden Verhinderungspflege ist ausschlaggebend für die individuell infrage kommende Kostenerstattungsregelung.

Beispiel 2

Teil 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 4 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Tochter in der Zeit vom 01.04. bis 21.04. (21 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 750,00 EUR gezahlt. Darüber hinaus werden von der Tochter zusätzlich Fahrkosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 252,00 EUR (täglich 12,00 EUR) nachgewiesen.

Ergebnis:

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege

= 500,00 EUR

plus 21 Kalendertage x 12,00 EUR Fahrkosten

= 252,00 EUR

Erstattungsbetrag

= 752,00 EUR

Berechnung der Pflegegeldansprüche:

für den 01.04. und 21.04.
volles Pflegegeld (728,00 EUR x 2 : 30) = 48,53 EUR

vom 02.04. bis 20.04.
hälftiges Pflegegeld (364,00 EUR x 19 : 30) = 230,53 EUR

Es besteht im laufenden Kalenderjahr noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 21 Kalendertage bzw. in Höhe von 860,00 EUR.

Teil 2

Erneute Verhinderungspflege durch die Tochter in der Zeit vom 01.06. bis 23.06. (23 Kalendertage). Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 584,00 EUR gezahlt. Fahrkosten werden zusätzlich in Höhe von 276,00 EUR für öffentliche Verkehrsmittel (täglich 12,00 EUR) nachgewiesen.

Ergebnis:

Kostenübernahme in Höhe von 860,00 EUR (584,00 EUR + 276,00 EUR) für die restlichen 21 Kalendertage vom 01.06. bis 21.06., da eine Kumulation nicht erfolgt und die zweite Verhinderungspflege nicht länger als 42 Kalendertage andauert.

Berechnung der Pflegegeldansprüche:
für den 01.06. und 21.06.
volles Pflegegeld (728,00 EUR x 2 : 30) = 48,53 EUR

vom 02.06 bis 20.06.
hälftiges Pflegegeld (364,00 EUR x 19 : 30) = 230,53 EUR

Darüber hinaus ist der Anspruch auf Verhinderungspflege für das laufende Kalenderjahr aus zeitlichen Gründen ausgeschöpft. Eine Neuberechnung für die Verhinderungspflege vom 01.04. bis 21.04. erfolgt nicht. Für den ersten Tag der Verhinderungspflege am 01.06. wird volles Pflegegeld gezahlt. Für den Zeitraum vom 02.06. bis 20.06. wird hälftiges Pflegegeld gezahlt. Mit dem letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 21.06. und der ab diesem Zeitpunkt sichergestellten Pflege wird wieder volles Pflegegeld gezahlt.

2.4 Vorliegen von Erwerbsmäßigkeit bei einer Verhinderungspflegeperson, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt und im laufenden Jahr bereits einen anderen Pflegebedürftigen gepflegt hat

Erwerbsmäßigkeit kann nach den Gesetzesmaterialien insbesondere angenommen werden, wenn seitens der Ersatzpflegeperson nachgewiesen wird, dass von ihr im laufenden Jahr (Zeitraum von 12 Monaten) bereits ein anderer Pflegebedürftigen über einen Zeitraum von mehr als einer Woche gepflegt wurde. Sollte es sich bei der ersten Verhinderungspflege im laufenden Jahr um einen Pflegebedürftigen handeln, der mit der Pflegeperson bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, erfolgt im Nachhinein keine erneute Beurteilung dieser Verhinderungspflege (vgl. Ziffer 2.3).

Beispiel

Ein Pflegebedürftiger des Pflegerades 5 nimmt Sachleistungen in voller Höhe in Anspruch und wird zusätzlich von seiner Ehefrau gepflegt. Die Verhinderungspflege wird von seinem nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Enkelsohn in der Zeit vom 01.05. bis 14.05. (14 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihm die Versicherte nachweislich 550,00 EUR gezahlt. Darüber hinaus werden von dem Enkelsohn zusätzlich Fahrkosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 160,00 EUR nachgewiesen.

Gleichzeitig weist der Enkelsohn nach, dass er bereits in der Zeit vom 03.12. bis 17.12. des vorangehenden Kalenderjahres (15 Kalendertage) eine Verhinderungspflege bei einem anderen Pflegebedürftigen durchgeführt hat.

Ergebnis:

Die Ersatzpflegeperson pflegt zwei verschiedene Pflegebedürftige jeweils länger als eine Woche innerhalb eines 12-Monats-Zeitraumes, so dass Erwerbsmäßigkeit für die Verhinderungspflege ab 01.05. anzunehmen ist. Infolgedessen kommt eine Begrenzung der Aufwendungen für die allgemeinen Pflegeleistungen auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des Pflegegrades 5 (1.351,50 EUR) nicht in Betracht.

Kostenübernahme für die allgemeinen
Pflegeleistungen in Höhe von

= 550,00 EUR

plus Fahrkosten

= 160,00 EUR

Erstattungsbetrag

= 710,00 EUR

Es besteht im laufenden Kalenderjahr noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 28 Kalendertage bzw. in Höhe von 902,00 EUR (1.612,00 EUR – 710,00 EUR).


2.5 Verhinderungspflege durch nahe Angehörige bei Arbeitsfreistellung nach dem PflegeZG

Sofern im Zusammenhang mit den arbeitsrechtlichen Ansprüchen Beschäftigter auf Freistellung von der Arbeitsleistung für die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung (von bis zu sechs Monaten nach §§ 3 und 4 PflegeZG) kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Entgeltersatzzahlung besteht (§ 2 Abs. 3 PflegeZG), kann der Verdienstausfall als Aufwand der Verhinderungspflege im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 2 SGB XI berücksichtigt werden, wenn folgende Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind:

  • es handelt sich um eine Verhinderungspflege nach § 39 Satz 1 SGB XI, d. h. der nach dem PflegeZG von seiner Arbeitsleistung freigestellte Beschäftigte übernimmt die Pflege als Ersatz für eine an der Pflege gehinderte Pflegeperson; dass der von seiner Arbeitsleistung freigestellte Beschäftigte für die Zeit der Freistellung zur ggf. alleinigen Hauptpflegeperson wird, ist dabei unerheblich,
  • die Wartezeit von sechs Monaten nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB XI ist erfüllt (vgl. auch Ziffer 2),
  • es handelt sich um die Pflege eines nahen Angehörigen im Sinne von § 7 Abs. 2 PflegeZG (Großeltern, Eltern, Stiefeltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Schwägerinnen und Schwäger, Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder oder Enkelkinder),
  • die Pflege wird in häuslicher Umgebung durchgeführt.

Dies gilt nicht, wenn die Verhinderungspflege im Zusammenhang mit einer kurzfristigen Arbeitsverhinderung im Umfang von bis zu 10 Arbeitstagen (§ 2 Abs. 1PflegeZG) erbracht wird und die Ersatzpflegeperson ein Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a Abs. 3 oder 6 SGB XI als Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt erhält. Die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI und das Pflegeunterstützungsgeld sind insofern gleichrangig, können aber nicht nebeneinander für den Ersatz des Verdienstausfalls in Anspruch genommen werden. Pflegebedingte Aufwendungen und nachgewiesene Fahrtkosten können jedoch zusätzlich zum Pflegeunterstützungsgeld im Rahmen des in § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI genannten Leistungsbetrags erstattet werden.

2.6 Verhinderungspflege durch entfernte Verwandte/Verschwägerte (ab dem dritten Grade) oder durch Nachbarn/Bekannte

Wird die Verhinderungspflege durch entfernte Verwandte/Verschwägerte (ab dem dritten Grade) oder durch eine sonstige Person, z. B. Nachbar, geleistet, erfolgt keine Beschränkung der Kostenerstattung auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes. Vielmehr kann der Höchstbetrag von 1.612,00 EUR ausgeschöpft werden, wenn entsprechende Aufwendungen für die Verhinderungspflege nachgewiesen sind. Darüber hinaus kann der Höchstbetrag nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt bis zu 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden (vgl. Ziffer 2.7). Kosten für die allgemeinen Pflegeleistungen gelten als nachgewiesen, wenn sie durch eine entsprechende Quittung, Rechnung oder Kontoauszug belegt sind. Im Übrigen muss es sich bei diesen Ersatzpflegepersonen nicht um einschlägig vorgebildete Pflegekräfte handeln.

Beispiel 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegebedürftigen des Pflegerades 3 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Nichte vom 01.03. bis 23.03. (23 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 1.350,00 EUR gezahlt. Darüber hinaus werden von der Nichte zusätzlich Fahrkosten in Höhe von 64,40 EUR (täglich 14 km x 0,20 EUR = 2,80 EUR x 23 Kalendertage) nachgewiesen.

Ergebnis:

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege
in Höhe der allgemeinen Pflegeleistungen = 1.350,00 EUR
plus Fahrkosten = 64,40 EUR
Erstattungsbetrag = 1.414,40 EUR

Es besteht im laufenden Kalenderjahr noch ein Restanspruch auf Verhinderungspflege für 19 Kalendertage bzw. in Höhe von 197,60 EUR (1.612,00 EUR – 1.414,40 EUR).


Beispiel 2

Ein Pflegebedürftiger des Pflegegrades 4 nimmt Pflegesachleistungen in voller Höhe in Anspruch und wird zusätzlich von seiner Ehefrau gepflegt. Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI sind für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft. In der Zeit vom 15.05. bis 14.06. (31 Kalendertage) ist die Ehefrau durch Urlaub an der Pflege gehindert. Für die Dauer des Urlaubs wird die zusätzliche Pflege durch eine Nachbarin erbracht, die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu dem Pflegebedürftigen steht. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 1.860,00 EUR (täglich 60,00 EUR) gezahlt.

Ergebnis:

Der Höchstbetrag in Höhe von 1.612,00 EUR wird bereits am 10.06. (1.612,00 EUR : 60,00 EUR = 26,87 Tage, aufgerundet auf volle Tage; 60,00 EUR x 27 Tage = 1.620,00 EUR) überschritten. Für den Zeitraum vom 15.05. bis 10.06. werden 1.612,00 EUR im Rahmen der Verhinderungspflege erstattet. Der Anspruch auf Verhinderungspflege ist für das laufende Kalenderjahr der Höhe nach ausgeschöpft.


2.7 Verwendung des nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrages der Kurzeitpflege nach § 42 SGB XI

Der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI in Höhe von bis zu 1.612,00 EUR kann um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen erbracht, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, gilt dies insoweit, als im Zusammenhang mit der Verhinderungspflege weitere notwendige Aufwendungen nachgewiesen werden (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI).

Beispiel 1

Teil 1

Die Verhinderungspflege eines Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3 wird von einem ambulanten Pflegedienst vom 02.03. bis 29.03. (28 Kalendertage) erbracht und in Höhe von 1.570,00 EUR nachgewiesen. Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI wurden bisher nicht in Anspruch genommen.

Ergebnis:

Die Pflegekasse übernimmt die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 1.570,00 EUR. Für den Zeitraum vom 03.03. bis 28.03. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 02.03. und 29.03. wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.

Teil 2

Der Pflegebedürftige nimmt erneut Leistungen der Verhinderungspflege vom 15.06. bis 30.06. (16 Kalendertage) in Anspruch. Die Verhinderungspflege wird von einem ambulanten Pflegedienst in Höhe von 744,00 EUR (täglich 46,50 EUR) erbracht. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des noch zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.

Ergebnis:

Durch die bereits in Anspruch genommenen Leistungen der Verhinderungspflege in Höhe von 1.570,00 EUR besteht noch ein Restanspruch in Höhe von 42,00 EUR (1.612,00 EUR – 1.570,00). Da der Pflegebedürftige im laufenden Kalenderjahr keine Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen hat, kann er den Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR um den nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI um bis zu 806,00 EUR erhöhen.

Aufgrund der vorangegangenen Verhinderungspflege (28 Tage) besteht noch ein Restanspruch von 14 Tagen. Während dieser Zeit sind Kosten in Höhe von 651,00 EUR (14 Tage x 46,50 EUR) entstanden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 609,00 EUR (651,00 EUR – 42,00 EUR) ist auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI anzurechnen. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.165,00 EUR (1.774,00 EUR – 609,00 EUR). Somit ist der Leistungsanspruch für die Verhinderungspflege für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft.

Für den Zeitraum vom 16.06. bis 27.06. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten Tag der Inanspruchnahme am 15.06. und dem letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 28.06. und der ab diesem Zeitpunkt insoweit sichergestellten Pflege wird das volle Pflegegeld gezahlt.

 

Beispiel 2

Teil 1

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 3 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter vom 12.03. bis 24.03. (13 Kalendertage) durchgeführt. Von der Pflegeperson werden pflegebedingte Aufwendungen in Höhe von 253,00 EUR, ein Verdienstausfall in Höhe von 1.445,00 EUR und Fahrkosten in Höhe von 78,00 EUR (30 km x 0,20 EUR = 6,00 EUR x 13 Tage) nachgewiesen. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des noch zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.

 

Kostenübernahme für die Verhinderungspflege

= 253,00 EUR,

plus Fahrkosten

= 78,00 EUR

plus Verdienstausfall =

= 1.445,00 EUR

Gesamt

= 1.776,00 EUR

 

Berechnung der Pflegegeldansprüche:

für den 12.03. und 24.03.
volles Pflegegeld (545,00 EUR x 2 : 30) = 36,33 EUR

vom 13.03. bis 23.03.
hälftiges Pflegegeld (272,50 EUR x 11 : 30) = 99,92 EUR

Der Höchstbetrag von 1.612,00 EUR wird überschritten. Da bisher im laufenden Kalenderjahr keine Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen wurden, kann der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege um die nicht verwendeten Mittel der Kurzzeitpflege um bis zu 806,00 EUR erhöht werden. Demzufolge kann der Restbetrag der Kosten für die Verhinderungspflege in Höhe von 164,00 EUR (1.776,00 EUR – 1.612,00 EUR) ebenfalls erstattet werden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 164,00 EUR wird auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI angerechnet. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.610,00 EUR (1774,00 EUR – 164,00 EUR). Verhinderungspflege kann im laufenden Kalenderjahr noch in Höhe von 642,00 EUR (806,00 EUR – 164,00 EUR) für bis zu 29 Tage in Anspruch genommen werden.

Teil 2

Der Pflegebedürftige nimmt erneut Leistungen der Verhinderungspflege vom 16.06. bis 30.06. (15 Kalendertage) in Anspruch. Die Verhinderungspflege wird von einem ambulanten Pflegedienst in Höhe von 720,00 EUR (täglich 48,00 EUR) erbracht. Es können noch nicht verwendete Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 642,00 EUR in Anspruch genommen werden.

Ergebnis:

Durch die vorangegangene Verhinderungspflege sind die Leistungen der Verhinderungspflege zwar der Höhe nach, aber nicht den Kalendertagen nach ausgeschöpft. Der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR kann um den nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI erhöht werden. Da bereits für die vorangegangene Verhinderungspflege noch nicht verwendete Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 164,00 EUR in Anspruch genommen wurden, kann der Leistungs- rahmen der Verhinderungspflege um bis zu 642,00 EUR (806,00 EUR – 164,00 EUR) erhöht werden. Somit übernimmt die Pflegekasse die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 642,00 EUR. Der Leistungsanspruch für die Verhinderungs- pflege ist für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft. Dies gilt ebenfalls für den Erhöhungs- betrag aus nicht verwendeten Mitteln der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 EUR. Zudem wird der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 806,00 EUR (642,00 EUR + 164,00 EUR) auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI angerechnet. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 968,00 EUR (1.774,00 EUR - 642,00 EUR - 164,00 EUR).

Der Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes ist auf 42 Tage im Kalenderjahr beschränkt. Da während der vorangegangenen Verhinderungspflege ein hälftiges Pflegegeld für 13 Kalendertage fortgezahlt wurde, besteht für den Zeitraum vom 17.06. bis 29.06. ein Anspruch auf hälftiges Pflegegeld. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 16.06. und 30.06. wird volles Pflegegeld gezahlt.

 

Beispiel 3

Teil 1

Die Verhinderungspflege eines Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4 wird von einem ambulanten Pflegedienst vom 10.01. bis 04.02. (26 Kalendertage) erbracht und in Höhe von 1.612,00 EUR nachgewiesen.

Ergebnis:

Die Pflegekasse übernimmt die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 1.612,00 EUR. Für den Zeitraum vom 11.01. bis 03.02. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 10.01. und 04.02. wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.

Teil 2

Vom 02.05. bis 13.05. (12 Kalendertage) ist die Pflegeperson erneut verhindert. Die Verhinderungspflege wird dieses Mal von dem nicht mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Sohn erbracht. Von der Pflegeperson werden neben pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 429,00 EUR Fahrkosten in Höhe von 50,00 EUR nachgewiesen. Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI wurden im laufenden Kalenderjahr bereits ausgeschöpft.

Ergebnis:

Durch die vorangegangene Verhinderungspflege sind die Leistungen der Verhinderungspflege zwar der Höhe nach, aber nicht den Kalendertagen nach ausgeschöpft. Da die Leistungen der Kurzzeitpflege im Kalenderjahr 2017 bereits ausgeschöpft sind, kann der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR nicht erhöht werden. Somit werden die dem Sohn entstandenen Aufwendungen in Höhe von 479,00 EUR nicht erstattet.

Unabhängig davon, kann aufgrund der insoweit sichergestellten Pflege, dass volle Pflegegeld für den Monat Mai gezahlt werden.

 

Beispiel 4

Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 2 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Tochter vom 08.05. bis 22.06. (46 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 2.300,00 EUR (täglich 50,00 EUR) gezahlt. Darüber hinaus werden von der Tochter zusätzlich Fahrkosten in Höhe von 190,00 EUR nachgewiesen. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.

Ergebnis:

Die Pflege dauert länger als sechs Wochen, so dass Erwerbsmäßigkeit anzunehmen ist. Infolgedessen kommt eine Begrenzung der Aufwendungen für die allgemeinen Pflegeleistungen auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des Pflegegrades 2 (474,00 EUR) nicht in Betracht.

Der Höchstbetrag in Höhe von 1.612,00 EUR wird um die nicht verwendeten Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 EUR auf 2.418,00 EUR erhöht. Der Tagessatz beträgt 54,13 EUR (2.300,00 EUR + 190,00 EUR = 2.490,00 EUR : 46 Tage). Der Anspruch auf Verhinderungspflege ist auf 42 Tage (08.05. bis 18.06.) begrenzt. Die in der Zeit vom 08.05. bis 18.06. entstandenen pflegebedingten Aufwendungen und Fahrt kosten in Höhe von 2.273,46 EUR (54,13 EUR x 42 Tage) werden durch die Pflegekasse erstattet.

Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 661,46 EUR ist auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI anzurechnen. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurz- zeitpflege in Höhe von 1.112,54 EUR (1.774,00 EUR – 661,46 EUR). Der Leistungsanspruch der Verhinderungspflege ist der Dauer nach für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft.

Für die Zeit vom 09.05. bis 17.06. (40 Kalendertage) besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes. Für den ersten Tag der Verhinderungspflege am 08.05. und für den letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 18.06. und der ab diesem Zeitpunkt sichergestellten Pflege wird ein volles Pflegegeld gezahlt.

2.8 Ausschöpfung des Leistungsanspruchs

(1) Ist der Leistungsanspruch für das laufende Kalenderjahr bereits ausgeschöpft, kann bei Verhinderungspflege im häuslichen Bereich für die weitere Dauer der Verhinderungspflege aufgrund der selbst sichergestellten Pflege das Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 SGB XI gezahlt werden, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Ist der Pflegebedürftige in einer nicht zugelassenen Pflegeeinrichtung (nicht Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 SGB XI) untergebracht, steht ihm nach Ausschöpfung des Leistungsrahmens entweder in der Höhe oder von den Kalendertagen ab diesem Zeitpunkt für die weitere Unterbringung Pflegegeld nach § 37 SGB XI festgelegten Pflegegeldbeträge entsprechend des festgestellten Pflegegrades zu.

(2) Sofern der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege entweder in der Höhe oder von den Kalendertagen ausgeschöpft ist, stehen dem Pflegebedürftigen bereits ab diesem Zeitpunkt für den weiteren – kurzzeitigen – Aufenthalt in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung grundsätzlich bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI oder der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI zur Verfügung, wenn die Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI zur Kurzzeitpflege bzw. vollstationären Pflege zugelassen sind (vgl. Ziffer 5.3 zu § 42 SGB XI). Ist die Pflegeeinrichtung nicht nach § 72 SGB XI zur Kurzzeitpflege bzw. vollstationären Pflege zugelassen, kommt aufgrund der insoweit sichergestellten Pflege die Zahlung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI festgelegten Pflegegeldbeträge in Betracht.

Beispiel

Ein Pflegebedürftiger des Pflegegrades 2 stellt für den Zeitraum vom 01.04. bis 15.05. (45 Kalendertage) einen für dieses Kalenderjahr erstmaligen Antrag auf Verhinderungspflege für die Unterbringung in einer nicht zugelassenen Pflegeeinrichtung. Die pflegebedingten Aufwendungen betragen täglich 58,00 EUR. Der Leistungsrahmen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI wurde im Februar ausgeschöpft.

Ergebnis:

Der Höchstbetrag in Höhe von 1.612,00 EUR wird bereits am 28.04. (1.612,00 EUR : 58,00 EUR = 27,79 Tage, aufgerundet auf volle Tage) ausgeschöpft. Anspruch auf volles Pflegegeld nach § 37 SGB XI besteht für den 01.04. und für die Zeit ab dem 28.04. für die restliche Dauer der Unterbringung. Für die Zeit vom 02.04. bis 27.04. wird hälftiges Pflegegeld gezahlt.


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